Schon als kleines Kind haben mich meine Eltern im Urlaub in den Kärntner Wäldern zum Pilze suchen mitgenommen. Spannend und aufregend war es durch die Wälder abseits der Wege zu streifen und nur das Knacksen der Äste und die verschiedenen Gerüche wahrzunehmen. Und tatsächlich konnte man manche Pilzstellen auch deutlich riechen.
Aber was sind Pilze eigentlich? Schon die Namensgebung ist nicht ganz eindeutig: botanisch kommt er aus dem lat. Fungus. Die Wissenschaft, die sich mit den Pilzen beschäftigt ist die Mykologie. Pilze werden aufgrund verschiedener Merkmale eher den Tieren zugeordnet und zählen gemäß des Artenschutzreports von 2015 zu der zweitartenreichsten Gruppe.
Zu ihnen gehören Einzeller- wie die Backhefe, aber auch Mehrzeller, wie die Ständerpilze, die man landläufig eher mit Pilzen verbindet. Sie bilden oberirdische Fruchtstände – wie z.B. die Köpfe der Champignons oder die zahlreichen Pilzarten im Wald: Steinpilze , Pfifferlinge usw.. Aber nicht nur im Wald finden wir sie.
Vielseitig wie sie sind, sind Pilze allgegenwärtig- so auch im Menschen z.B. im Darm und auf der Haut. Dort nicht nur als schädlicher Candida, sondern auch natürlicherweise vorkommend. Ob sie für uns krankmachend sind, entscheidet die Zusammensetzung und unser Immunsystem. Kommen unsere Mitbewohner mit einander aus und liegt ein harmonisches Gleichgewicht vor, passiert erst einmal gar nichts, sondern ist sicher eher „gesund“. Es scheint auch bei jedem Menschen ein anderes Mikrobiom vorzuliegen. Hier steht die Forschung noch am Anfang.
Die Gesellschaft für Mykologie beschreibt Pilze folgendermaßen:
• Pilze können keine Energie aus Sonnenlicht gewinnen (im Gegensatz zu Pflanzen), sondern sind (wie Tiere) auf organische Nährstoffe angewiesen („heterotroph“). Sie nehmen die Nahrung durch die Zellwand auf („osmotroph“) und sind unbeweglich.
• Anders als Tiere und Pflanzen bilden Pilze kein Gewebe, sondern ein Geflecht aus Zellfäden („Hyphen“), das in der Gesamtheit als „Myzel“ bezeichnet wird, oder leben als einzelne Zellen wie etwa die Hefen.
• Die Zellen von Pilzen haben einen Zellkern, was sie mit Tieren, Pflanzen und Einzellern zu den „Eukarionten“ vereint und von den Bakterien und Archaeen trennt.
• Pilze haben eine feste Zellwand (wie die Pflanzen, aber im Gegensatz zu den Tieren. Diese ist meist mit Chitin verstärkt. • Pilze vermehren sich über Sporen, die zur Verbreitung, Fortpflanzung und zur Überdauerung dienen. • Der Begriff „Mykorrhiza“ (aus dem Griechischen mukês für Pilz und rhiza für Wurzel) bedeutet nichts anderes als „verpilzte Wurzel“. Der Pilz hüllt die äussersten, feinsten Wurzeln mit einem dichten Fadengeflecht (sog. Mycel) ein und bildet einen Pilzmantel, um dort Wasser, Mineralstoffe und Stickstoffverbindungen gegen Zucker einzutauschen. Diese Mykorrhiza ist ein regelrechtes Netzwerk, welches auch die Bäume miteinander verbindet und Nachrichten ausgetauscht werden, wie neue Studien der Uni Basel belegen. Dafür wurde der Begriff „Wood Wide Web“ geprägt. Etwa ein Drittel der in unseren Wäldern wachsenden Großpilze sind Mykorrhizapilze. Unter diesen rund 2000 Arten befindet sich eine ganze Reihe von wertvollen Speisepilzen, aber auch viele Giftpilze. Viele Mykorrhizapilze sind wirtsspezifisch, das heisst, sie sind an ganz bestimmte Baumarten gebunden (z.B. Lärchenröhrling, Eichenreizker). Andere wachsen ausschließlich in Laubwäldern oder Nadelwäldern. Im Wurzelwerk eines Baumes leben in der Regel mehrere verschiedene Mykorrhizapilze nebeneinander. In Mitteleuropa sind die Wurzeln der Bäume durchwegs mit Mykorrhizen besetzt. Das Mycel ist ein wichtiger Bestandteil der Biomasse im Boden. So kann im Waldboden die Gesamtlänge der Mycelien mehrere km betragen. Sie sorgen für eine bessere Wasserbindekapazität und Erosionsschutz. . Recycling im Wald Holz ist ein kompliziertes Verbundmaterial aus der faserigen und biegsamen Zellulose und dem brüchigen aber festen Lignin. Lignin abzubauen ist dabei eine besondere Kunst, die nur einige Pilze beherrschen und damit die sogenannte Weißfäule bewirken. Wie man aus Genanalysen ableiten kann, gelingt den Pilzen der Abbau von Lignin erst seit ca. 300 Mio. Jahren – damals ging das Kohlezeitalter zu Ende. . Pilze können jeden Typ organischen Materials zersetzen – Champignons (Agaricus bisporus) werden klassisch auf Pferdemist gezüchtet, Austernpilze (Pleurotus ostreatus) auf Stroh. Der Kerosinpilz (Amorphotheca resinae) lebt in Treibstofftanks von Flugzeugen und Schiffen. . Pilze, die organisches Material abbauen, lassen sich leicht züchten. Zudem sind Pilze „gute Chemiker“, die eine Vielzahl an Inhaltsstoffen produzieren. Daher werden sie für die biotechnische Gewinnung vieler Stoffe wie Enzyme verwendet. Das Potential für weitere Anwendungen ist noch bei weiten nicht ausgeschöpft.
„Pilzkrankheiten“ an Pflanzen Pilze, die auf Pflanzen parasitieren, können riesige Schäden in der Landwirtschaft verursachen. Die Reisbräune vernichtet weltweit jährlich mehrere Prozent der Reisernte. Derzeit bedroht Fusarium oxysporum weltweit den Bananenanbau..
Als „Pilzkrankheiten“ werden auch Infektionen mit pilzlichen Einzellern bezeichnet, wie die Kraut- und Braunfäule an Kartoffeln und Tomaten. Als der Pilz 1842 nach Irland eingeschleppt wurde, vernichtete er praktisch die gesamte Kartoffelernte: Eine Million Menschen verhungerten und zwei Millionen wanderten aus.
Durch diese wirtschaftliche Bedeutung werden phythopathogene Pilze etwas intensiver erforscht als andere Pilzarten. Kern der Forschung ist dabei die Pilz/Pflanze-Interaktion: wie gelingt es dem Pilz, das Immunsystem der Pflanze zu überlisten? Welche Abwehrmechanismen entwickelt die Pflanze? Parasitische Pilze sind hoch spezialisiert und haben sich in Jahrmillionen an Ko-Evolution mit den Pflanzen zusammen entwickelt. Das „Wettrüsten“ zwischen Infektion und Resistenz ist dabei ein Treiber der Evolution. Die genetischen Methoden eröffnen der Wissenschaft neue Einblicke in dieses Zusammenspiel. Die Wirtspflanze zu vernichten, ist dabei eigentlich keine gute Überlebensstrategie für den Pilz. Massen-Infektionen sind nur eine Folge der vom Menschen erzeugten Monokultur. Flechten Flechten sind Pilze, die sich eine Alge oder bestimmte Bakterie als „Zuckerfabrik“ halten. Hier ist auch noch ein großer Forschungsbedarf. In jedem Fall üben Flechten eine besonders intensive und erfolgreiche Pilz-Pflanze-Interaktion aus: während die Einzel-Organismen nur in optimaler Umgebung alleine lebensfähig sind, sind sie im Team als Flechte extrem genügsam und tolerant gegen Kälte und Trockenheit. So können sie von der Arktis bis zur Wüste sogar nackte Felsen als Extremstandorte besiedeln. Auf Luftschadstoffe reagieren viele Flechten dagegen sehr empfindlich, und dienen daher als Bio-Indikatoren im Monitoring. Flechten werden auch aufgrund ihrer Inhaltsstoffe verwendet und erforscht: Das Destillat von „Eichenmoos“ ist ein unverzichtbarer Bestandteil vieler Parfüms, wenn auch wegen gelegentlich allergener Eigenschaften etwas in Verruf geraten. Die Firma Weleda hat den bewährten Flechtensirup für Husten im Sortiment.
Für unsere Ernährung sind Pilze aus folgenden Gründen interessant:
- hoher Gehalt an Eiweiß- interessant für Menschen, die den Fleischkonsum reduzieren möchten (z.B. bei erhöhten Harnsäurewerten, Gicht oder Rheuma).
- kalorienarm: der Glykämische Index (ein Maß zur Bestimmung der Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel) liegt nahezu bei 0. Champignons haben je 100g nur 16 kcal
- balaststoffreich
- cholesterinfrei
- reich an Mineralien wie Kalium, Phosphor, Kupfer und Selen, etwas geringer sind Magnesium, Eisen und Zink enthalten
- hoher Gehalt an B-Vitaminen: Pilze sind eine der wenigen nicht-tierischen Nahrungsquellen für B12; nur 100 g Champignons (ca. 3 Stck) pro Tag reichen aus, um unsere Versorgung mit den essenziellen B-Vitaminen Riboflavin (B2), Niacin (B3), Panthothensäure (B5) und Biotin (B7), Folsäure und Vitamin D . So decken 150g Steinpilze nahezu die Tagesdosis an Vitamin D (nach DGE)
Allerdings sollte man beachten, dass Pilze Schwermetalle wie Cadmium oder Quecksilber anreichern und man deshalb nicht mehr als 250g Wildpilze pro woche essen sollte (laut DGE).
Pilze sind auch wichtiger Bestandteil, um den Milch-und Wasserkefir, Kombucha und Ingwerbier herzustellen, die einen wertvollen Beitrag in der täglichen Ernährung bilden können.
In der Naturheilpraxis werden gerne Heilpilze verschrieben- hierzu werde ich in einem neuen Artikel etwas schreiben….